Die Schlacht bei Buchenberg

Am Dienstag den 3. März 2020 hatten sich nach der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege und auf deren Einladung knapp 60 Interessierte im Großen Saal des Paul-Fagius-Hauses eingefunden. Der gebürtige Isnyer, Hubert Jäger hat zusammen mit Georg Singer, dem Vorstand des Heimat-geschichtlichen Vereins Buchenberg anlässlich des Jubiläums „2000 Jahre Buchenberg“ einen Film über die Geschichte unserer Nachbargemeinde von der Römerzeit bis heute initiiert. Dabei wurde altes Film- Dia- und Fotomaterial aus den Buchenberger Haushalten verwendet und zu einem Film mit 90 Minuten Spieldauer zusammengestellt.

Einbezogen wurde auch eines der wohl bedeutsamsten Ereignisse der mittelalterlichen Geschichte von Buchenberg: „Die Schlacht von Buchenberg am 17. März 1460“. Dazu waren die Mitwirkung des „Historischen Theaters Buchenberg e.V.“ gefragt und um die 100 Buchenberger als Statisten und Schauspieler bei der Verfilmung.

Interessant ist, dass auch Isny von dieser historischen Begebenheit vor heute 560 Jahren tangiert war und Rudi Daumann dazu am Schluss des Filmes noch eine Überraschung parat hatte.

Fürstabt Gerwig bezichtigt seinen Kellermeister der Veruntreuung von 30 Gulden

Der Film beginnt schon mit einer dramatischen Szene (Fürstabt Gerwig bezichtigt seinen Kellermeister Jörg Beck der Unterschlagung von 30 Gulden bei einem Weinkauf) an einem Drehort, der den Isnyern bekannt sein dürfte:

Es ist die Predigerbibliothek in der Isnyer Nicolaikirche, einer der historisch am ursprünglichsten erhaltenen Räume im weiten Umkreis. Wer die einzigartige Atmosphäre dieses Raumes schon mal erlebt hat, fühlt sich Jahrhunderte zurückversetzt. Das waren natürlich ideale Voraussetzungen für einen der Drehorte, dessen Entstehung auf das Jahr 1465 zurückgeht, also nur 5 Jahre nach der Schlacht.

Nun zur Geschichte...

Jörg Beck, nach verschiedenen Quellen ein gebürtiger Isnyer und Bürger der Reichsstadt Kempten, ist Kellermeister von Gerwig von Sulmentingen, dem Fürstabt des Benediktinerstiftes Kempten. Im Auftrag seines Dienstherren ordert er Weinlieferungen im Elsass und in Breisach am Rhein. Nach der Abrechnung der Weinlieferung wird Jörg Beck von seinem Dienstherrn des Betruges bzw. der Unterschlagung von 30 Gulden bezichtigt. Jörg Beck wehrt sich gegen diese Anschuldigungen, die unhaltbar sind und sucht sein Recht beim Hofgericht in Rottweil (das wäre heute der Bundes-gerichtshof), das seine Unschuld „höchst richterlich“ bestätigt. Den Fürstabt berührt dieses „weltliche“ Gerichtsurteil nicht, denn seine Abtei ist den weltlichen Gerichten nicht unterworfen; er bleibt bei seiner Behauptung. Für Jörg Beck steht damit die Ehre auf dem Spiel. Nachdem auch eine letzte Forderung an den Fürstabt zum Einlenken scheitert, will sich Jörg Beck sein Recht mit Waffengewalt holen. Dieses Vorgehen war damals durchaus üblich, war aber wohl nur vermögenden Zeitgenossen vergönnt. Ob das möglicherweise zu Konflikten zwischen der Reichsstadt Kempten, dessen Bürger Jörg Beck ja war und dem Kloster hätte führen können, lag auf der Hand; das Verhältnis zwischen Reichsstadt Kempten und der Fürstabtei war mit dem der Reichsstadt Isny und unserem ehemaligen Benediktinerstift durchaus vergleichbar.

Die Chroniken berichten, dass Jörg Beck 334 kampferprobte Schweizer Söldner aus Maria Einsiedeln im Kanton Schwyz anheuert und diese unter ihrem Führer Heyni Eberlin „im größten Winter und Schnee“ über Rorschach und Lindau auch durch Isny und weiter über „Holzleiten“ nach Buchenberg, marschieren, das sie besetzen. Der Fürstabt stellt den Schweizern ein Aufgebot von ca 1.200 Untertanen, meist Bauern unter dem Stiftsvogt Walther von Hohenegg , entgegen. Damit droht ein Blutbad. In der Nacht vor der Schlacht soll Jörg Beck in Isny gewesen sein. Der Isnyer Bürgermeister Wilhelm Rudolph versucht vergeblich „mit mehreren Ritten“ die Sache zu verhindern, doch es kommt am 17. März 1460 zur Schlacht.

Sieg der Eidgenossen über die Truppen des Kemptener Fürstabtes bei Buchenberg am 17. März 1460 aus der Luzerner Chronik von Diebold-Schilling-dem Jüngeren 1513

Die Schlacht scheint bei den Eidgenossen Beachtung gefunden zu haben, sonst wäre sie nicht 1513 in die Luzerner Chronik von Diebold Schilling dem Jüngeren aufgenommen worden; die Chronik zählt zu den herausragenden Beispielen der Schweizer Bilderchroniken. Auf unserem Bild beginnt gerade die Schlacht.

Die Schweizer knien nieder zum Gebet und die Geschosse aus den Geschützen des fürstäbtlichen Heeres gehen über sie hinweg. Nun greifen die Schweizer mit Helebarden an und unter dem Kemptener Aufgebot entsteht eine Panik. Die Kemptener fliehen in den Wirlingser Wald; 183 von ihnen fallen mit ihrem Anführer Walther von Hohenegg, von den Schweizern sind es 2 Mann und das alles wegen angeblich 30 Gulden Unterschlagung!

Bei der Nachricht vom Sieg des Jörg Beck flieht Fürstabt Gerwig schnell nach Memmingen. Dort betätigt er sich als Gastwirt. Der Klosterkonvent wählt wenige Tage später einen neuen Abt Johannes. Die Fürstabtei zahlt den Sold der Schweizer, ersetzt alle Kosten des Kriegszuges. Jörg Beck erhält Schadensersatz, Schmerzensgeld und ganz entscheidend: Eine Ehrenerklärung.

 

„200 Guldin rynischer par“

Im Stadtarchiv von Isny befindet sich eine Originalurkunde von „mittwochen vor dem hailgen Palm Tag nach Christi gepurt tusent vierhundert und in dem sechzigsten Jahre“. Das ist der 2. April 1460, also 15 Tage nach der Schlacht. Die beiden Schweizer Söldnerführer Heyni Eberlin und Ruedin Etterlin erklären vor den „ehrsamen und wysen Wilhalmen Rudolff Bürgermeister zu Ysni und Conraten Reschen Stadttaman daselbst“, für sich und „Jörgen Beken von Kempten“ dass sie von Abt Johannes 200 Gulden rheinischer Währung „par“ zu ihren Händen erhalten haben und diese Erklärung von den beiden Isnyer Honoratioren mit deren eigenem Siegel gedruckt worden sei.

Eine Kopie der sehr gut erhaltenen Urkunde (die Siegel sind z.T. nicht mehr vollständig) überreicht Rudi Daumann an die Herren Jäger und Singer als kleinen Dank für die Filmvorführung.

Kapelle St. Georg in Buchenberg

So rücken manchmal Orte, die auf den ersten Blick relativ weit voneinander entfernt scheinen, durch historische Ereignisse zusammen, wie hier Isny und Buchenberg.

Wer auf der alten B 12 nach Kempten fährt, dem fällt am Ortseingang von Buchenberg auf der linken Seite eine Kapelle auf. Diese ist ein Jahr nach der Schlacht zur Erinnerung an die gefallenen Untertanen der ehemaligen Fürstabtei Kempten errichtet und dem Heiligen Georg geweiht worden.

Rudi Daumann 24. März 2020